Mittwoch, 26. November 2014

Der Tütensuppenvergleich Teil I: Tomatencremesuppen mit Teigwaren

Ich habe beschlossen an meine Grenzen zu gehen. Ich koche Tütensuppe. Ich kann mich ehrlich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal eine gegessen habe. Ich finde es etwas ekelig, aber mutig was ich da vorhabe.

Beim Kauf fühle ich mich, als wäre ich dabei etwas Verbotenes zu tun - ungefähr so wie bei meinem jährlichen Besuch bei McDonalds. Nur muss ich das hier bei Tageslicht und vollkommen nüchtern hinter mich bringen.

Und gleich mal Sorry für die Verwendung des Begriffs Tüte, mein Lesestoff und meine deutschen Freunde verunreinigen mein Österreichisch. (Tüten werden in Österreich nur Eiswaffeln genannt und die heißen in Deutschland nicht Tüten sondern meist Hörnchen.)

Aber zurück zur Suppe. Ich entscheide mich für Geschmacksrichtungen, die von mehreren Marken angeboten werden und komme so zu zwei Päckchen Tomatencremesuppe mit Teigwaren und vier Päckchen mit Frühlingssuppe (zu denen komme ich in meinem nächsten Post). Leider gibt es von den ganz schnellen Instantsuppen keine, die zu den anderen passen, so verzichte ich unter anderem auf Knorr Heisse Tasse, weil da in der Tomatensuppe keine Teigwaren, sondern Croutons sind (warum wohl ;)).


Inspiriert wurde mein Experiment durch ein Kapitel in dem Buch "Food Design - Panschen erlaubt", in dem es um Inhaltsstoffe von Tütensuppen geht. Ich habe mir unten auch erlaubt, einiges daraus zu übernehmen. Und ich habe gelernt, eine Tütensuppe ist ein wahres Kunstwerk der Lebensmittelindustrie, ich bin wirklich fasziniert!

Ich lade also Freunde zu einem Blindtest. Es sind gute Freunde, sonst hätte ich mich gar nicht zu fragen getraut. Und wie ich erst vor Ort erfahre, hatte kaum einer in den letzten Jahren öfter Kontakt mit Tütensuppen. Sie können alle richtig kochen und wissen, wie wenig Aufwand das Kochen einer richtigen Suppe bedeutet.

Da mir zum Vergleich nur zwei Suppen zur Verfügung stehen, entschließe ich mich, selbst auch eine Tomatensuppe zu machen. Die Arbeit lässt sich in einer Werbepause erledigen. Naja, fast, es dauert 1,5 Minuten länger. Davon erzähle ich zwar vorerst meinen Gästen nichts, bin aber überzeugt, dass sie es gleich bemerken. Weit gefehlt…(einer der Bewehrter hat sie am Fragebogen sogar als "erinnert am meisten an selbst gemacht" bezeichnet.)

Die Suppe in der Mitte ist die selbst gekochte, gut zu erkennen an der orangen, statt der roten Farbe.

Ich komme gleich zu den Ergebnissen, bevor ich auf die Inhaltsstoffe weiter eingehe:
Wir haben Geschmack, Aussehen und Mundgefühl jeder Suppe mit 1-5 Punkten bewertet (also nicht Schulnoten, sondern umgekehrt).  

Die Maggi-Suppe hat mit 1,7 Punkten am schlechtesten abgeschnitten, 
die Knorr-Suppe hat 2,1 Punkte und 
meine hat zumindest 3 Punkte erzielt. 

Das Aussehen wurde bei allen gleich durchschnittlich bewertet (2,6 Punkte), meine Suppe war zu dick - man hätte sie auch als Tomatensauce verwenden können, das Mundgefühl (3,2 Punkte) und der Geschmack (3,4 Punkte) waren aber anscheinend zufriedenstellend (in beiden Kategorien 2 Punkte mehr als Maggi und 1,4 Punkte mehr als Knorr). 

Meine Gewinnersuppe
Die Anmerkungen zu den Suppen waren alle recht ähnlich. Die Maggi-Suppe wurde von allen als zu süß eingestuft (laut Zutatenliste enthält sie auch mehr Zucker als Tomaten, umgerechnet beachtliche 11 Würfel pro Packung). Sowohl Maggi- als auch Knorr-Suppe waren den Bewertern zu dünn, zu flüssig und zu wenig tomatig. Es wurden bei beiden Suppen rote Pünktchen in Wasser erkannt. Es haben also beide Hersteller nicht geschafft, eine Cremesuppe herzustellen, die auch wie eine aussieht und sich im Mund wie eine anfühlt.

Teigwaren waren auch zu wenige enthalten. In der Maggi-Suppe, die auf der Packung  mit "extra vielen Teigwaren" wirbt, ist übrigens der Teigwarenanteil 2,7% niedriger als bei Knorr.

Und was ist eigentlich in so einem Packerl drin?


Warum hat Knorr besser abgeschnitten als Maggi? Vielleicht wegen ihrer speziellen Erfindung.
Der Tomaten-Verbund-Stärke-Schwamm: ein "Kunstwerk" aus Tomatenmark, Wasser, Kartoffelstärke und Zitronensäure, erhitzt, ausgerollt, getrocknet und zerbröselt. Ich frage mich nur, warum die Zutatenliste ohne Zitronensäure auskommt.

Auch folgender klingender Name, kommt ohne nämlich nicht aus:
Tomato-Stretchers: Traubenzucker, Zitronensäure, Salz, Rote Bete-Farbe, Aroma, Stärke oder HVP (siehe unten) = intensiver Tomatengeschmack, herzhaftes Aroma, volles Mundgefühl.

Hefeextrakt: Warum auch immer, nicht als solcher deklarationspflichtiger Geschmacksverstärker ("Glutamat in Grün"), siehe hier.

Maltodextrin: "Vorverdaute Stärke", Trägerstoff für Aromen, damit sich die Düfte nicht schon in der Tüte verflüchtigen, oft Füllstoffe, damit der Kunde das Gefühl bekommt, das wirklich was in der Tüte drin ist.

Aroma: Kann zum Beispiel Hochglutamatiger HVP (Hydrolysed Vegetable Protein) sein, Rohstoff des Eiweißes, das bei der Gewinnung von Zucker und Sojaöl übrig bleibt. Aber auch vieles Anderes, sowohl natürliches (also zB Schimmelpilze oder Bakterien) als auch künstliches Aroma, da man seit 1995 auf eine Deklarationspflicht verzichtet (EU-Etikettierungs-Richtlinie).

Michzucker (Lactose): Ist ein Nebenprodukt bei der Käseherstellung und ein "Beitrag zum Abbau von Agrarüberschüssen", dabei auch deutlich billiger als Rübenzucker. Das weiße Pulver wird aus Milch, nach Entfernung von Fett und Molkeneiweiß, durch Raffination von Rohzucker gewonnen. Dient in Fertigsuppen als Streckmittel und Wasserbinder.

Wir sind alle etwas angeekelt und freuen uns auf den nächsten Durchgang mit den Frühlingssuppen. Brot verdrücken wir auch jede Menge…

Mahlzeit!

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